Wählen Sie Ihre Cookie-Einstellungen:

Cookies sind kleine Textdateien, die von Websites auf Ihrem Gerät gespeichert werden. Sie enthalten Informationen über Ihr Surfverhalten, z. B. Login-Daten, Spracheinstellungen oder Warenkörbe. Cookies helfen dabei, Webseiten nutzerfreundlicher zu machen und personalisierte Inhalte oder Werbung anzuzeigen. Sie können in Ihrem Browser verwalten, welche Cookies gespeichert werden dürfen.

Singen am Violoncello. Sol Gabetta

© Julia Wesely
Robert Schumanns Violoncellokonzert steht auf dem Programm, wenn die phänomenale Cellistin Sol Gabetta im November mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und Paavo Järvi wieder im Musikverein gastiert.

Von Ulrike Lampert

28.10.2025

„Ich liebe es, mit Orchestern und ihren Chefdirigenten zu arbeiten“, sagte Sol Gabetta jüngst in einem Interview. Sie habe dann stets den Eindruck, mit nur einem und nicht mit zwei Partnern die Bühne zu teilen. „Ich habe beobachtet, dass sich die Situation immens erleichtert, wenn Orchester und Dirigent ein Individuum werden.“ Ein solches „Individuum“ steht ihr gegenüber, wenn sie im November in den Großen Musikvereinssaal zurückkehrt: das Tonhalle-Orchester Zürich und sein Chefdirigent Paavo Järvi, mit denen sie für die laufende Saison als Residenzkünstlerin eine besonders enge Verbindung eingegangen ist. Beide Teile dieses „Individuums“ sind Sol Gabetta seit Jahren bestens vertraut, mit Paavo Järvi hat sie bereits Tourneen mit seinen früheren bzw. anderen Orchestern unternommen: der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem NHK Symphony Orchestra Tokio und dem Estonian Festival Orchestra.

Als einen „wichtigen Moment in meinem Leben“ bezeichnet Sol Gabetta ihre erste Begegnung mit Robert Schumanns Violoncellokonzert, das sie nun im Musikverein spielt. Sie habe es recht spät gelernt, als sie bereits begonnen hatte, regelmäßig zu konzertieren, erinnert sie sich im bereits zitierten Gespräch für das Tonhalle-Orchester Zürich. Ihr Lehrer Ivan Monighetti an der Musikakademie Basel habe sie gebremst, dieses Konzert nur ja nicht zu früh zu spielen – „zu Recht“, wie sie heute weiß, „denn ich hätte das Stück wahrscheinlich gar nicht richtig verstanden“.

Ivan Monighetti, einer der letzten Schüler Mstislaw Rostropowitschs, war Sol Gabettas idealer Mentor. „Er hat mich Stück für Stück aufgebaut, langsam, aber sehr stabil. Diese Stabilität war nicht nur technisch, nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich.“ Von ihm habe sie gelernt zu erkennen, was sie will und was nicht, wann sie besser Nein sagen sollte und wann Ja – und dass es manchmal gelte, Nein zu sagen, selbst wenn ein Ja viel näher läge.

Der Weg Sol Gabettas zu Ivan Monighetti in die Schweiz war – schon allein geographisch betrachtet – weit. Geboren in Argentinien, machte sich ihr außergewöhnliches musikalisches Talent früh bemerkbar. Mit drei, vier Jahren sang sie bereits im Kinderchor, dann begann sie, wie ihr älterer Bruder Andrés, Geige zu spielen, wechselte aber bald zum Cello, interessierte sich auch für Klavier und Harfe und kaufte sich mit dem Preisgeld des ersten Wettbewerbs, den sie mit dem Violoncello gewann, eine Klarinette. Auch Theater spielte sie – und mit Puppen, die sie zu einem Chor formierte und mit dem sie, noch keine zehn Jahre alt, täglich probte.

Ein schicksalhafter Zufall wollte es, dass Sol Gabetta im Rahmen eines Wettbewerbs die polnisch-amerikanische Cellistin Christine Walevska kennenlernte. „Sie spielte das Dvořák-Cellokonzert, und nach diesem Konzert wusste ich, dass ich eine Cellistin wie sie werden wollte“, erzählt Sol Gabetta in einem Video-Interview der Reihe „Tram for Two“ mit Paavo Järvi auf einer Straßenbahnfahrt durch Zürich. Nach dieser eindrucksvollen Begegnung fuhr Vater Gabetta alle zwei Wochen des nachts die hinten im Minivan schlafende Sol rund acht Stunden nach Buenos Aires zum Unterricht bei Walevska. Stipendien für die Musikakademie in Madrid führten Sol und ihren Bruder Andrés, begleitet von der Mutter, 1992 nach Spanien und zwei Jahre später an die Musikakademie Basel in die Schweiz, wohin nun auch der Vater mit den beiden weiteren Kindern übersiedelte, sodass die Familie wieder vereint war.

© Julia Wesely
© Blende Drei

Ich liebe es, mit Orchestern und ihren Chefdirigenten zu arbeiten.

Während ihrer Studienzeit in Basel bei Ivan Monighetti und der anschließenden Jahre in der Meisterklasse von David Geringas, einem weiteren Rostropowitsch-Schüler, an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin gewann Sol Gabetta unter anderem den Dritten Preis beim ARD-Musikwettbewerb in München, mit dem sie internationale Aufmerksamkeit auf sich lenkte und der ihr erste größere Engagements einbrachte, 2004 folgte der im Musikverein in Wien ausgetragene Crédit Suisse Young Artist Award, mit dem ihr Debüt mit den Wiener Philharmonikern beim Lucerne Festival verbunden war.
In den seither vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich Sol Gabetta in die oberste Liga der Klassikwelt gespielt: als Solistin, als Kammermusikerin, als Interpretin zeitgenössischer Musik wie auch Alter Musik, nicht zuletzt im Verein mit dem selbst gegründeten Barockorchester Cappella Gabetta, in dem ihr Bruder Andrés Konzertmeister ist. Eine Bilderbuchkarriere – doch leicht gemacht hat es sich die Künstlerin dabei nicht. Sie ist konsequent auf der Suche nach neuen Herausforderungen, machte etwa über die Kammermusik früh Bekanntschaft mit der facettenreichen Geigerin Patricia Kopatchinskaja, die eine Art Schwester für sie wurde und mit der sie seither Projekte realisiert, die durchaus als experimentelle Gesamtkunstwerke zu bezeichnen sind. Über Kopatchinskaja fand Gabetta auch den Zugang zur Neuen Musik, und für die Barockmusik spannt sie Darmsaiten auf eines ihrer wertvollen italienischen Violoncelli und verzichtet mittlerweile längst auch auf den Halt gebenden Stachel. Seit 2005 unterrichtet sie selbst an der Musikakademie Basel, sie gibt Meisterkurse wie jüngst im Rahmen der Académie Ravel in Saint-Jean-de-Luz in Südfrankreich und leitet nach wie vor das von ihr selbst gegründete Solsberg Festival im schweizerischen Olsberg, bei dem sie mit exzellenten künstlerischen Partner:innen in intimer Atmosphäre Kammermusik auf allerhöchstem Niveau pflegt. Im vergangenen Sommer wurde das zwanzigjährige Bestehen gefeiert.

Dass sich Sol Gabettas Kreativität auch in ihrer Diskographie bei einem der führenden Labels Ausdruck verschafft, versteht sich da fast von selbst. Brandaktuell ist ihre jüngste Einspielung, ein Großprojekt, für das sie sich mit der Cappella Gabetta auf die Spuren von Lise Cristiani begeben hat, einer der ersten Cellistinnen der Musikgeschichte, die im 19. Jahrhundert zu den wichtigsten Interpret:innen an diesem Instrument zählte.
Schallplattenpreise säumen Sol Gabettas Laufbahn wie einst die Auszeichnungen bei Wettbewerben. 2019 wurde sie für ihre Aufnahme von Robert Schumanns Violoncellokonzert mit dem Opus Klassik als Instrumentalistin des Jahres geehrt. „Nun hat Sol Gabetta sich des Cellokonzerts von Robert Schumann angenommen, das allem vordergründig Virtuosen so entschieden abschwört. Sie reduziert die Musik auf ihren Kern, auf die rein musikalisch-gesangliche Substanz“, hieß es in einer Kritik – und an anderer Stelle: „Nur wenige Cellisten schaffen es, ihr Instrument zum Singen zu bringen, also, wirklich zum Singen. Sol Gabetta ist eine Meisterin darin: Ihre Schumann-Interpretation singt von der allerersten Note an, man kann gar nicht anders als mitgehen, mitfühlen …“

Freitag, 21. November 2025

Tonhalle-Orchester Zürich
Paavo Järvi | Dirigent
Sol Gabetta | Violoncello

Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll, op. 129
Gustav Mahler
Symphonie Nr. 1 D-Dur

Weitere Artikel

0%