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Drei Briefe und ein Albumblatt

© Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Neuerwerbungen des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Mit wie viel Geld man auch eine Autographenauktion verfolgt, am Ende muss man stets das eine oder andere Stück ziehen lassen. Liebhaberpreise sind von einem Archivar üblicherweise nicht zu verantworten. Es gibt allerdings Objekte, bei denen alles unternommen werden muss, um sie gleichsam nach Hause zu holen. Ein Bericht von Archivdirektor Johannes Prominczel.

Von Johannes Prominczel

13.10.2025

Alle Erwerbungen der vergangenen Jahre wurden von einem Objekt in den Schatten gestellt: der Büste von Ludwig van Beethoven, 1812 mithilfe eines Gipsabdrucks gefertigt, in Besitz der Klavierbauerfamilie Streicher, später Eigentum des Ehrenmitglieds der Gesellschaft der Musikfreunde Wilhelm Kux, der 1939 emigrieren musste und die Büste nicht ins Exil mitnehmen konnte. Nach der Restitution schenkte die Familie Kux der Gesellschaft der Musikfreunde das einzigartige Abbild des Komponisten. Doch es gibt noch einige weitere interessante Erwerbungen.

1812 schickt ein Hofbeamter einem Klavierbauer einen Brief. Die beiden bereiten offensichtlich eine Aufführung vor, und der Hofbeamte wägt zwei Textvarianten in der deutschen Übersetzung eines Händel-Oratorienlibrettos ab. Der Klavierbauer war Andreas Streicher und damit jene Person, die die Anfertigung unserer Beethoven-Büste in Auftrag gegeben hat. Der Hofbeamte war Ignaz von Mosel. Und bei dem geplanten Konzert handelt es sich um nichts Geringeres als das Gründungskonzert der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Mosel sollte dieses Konzert dann auch dirigieren. Ein kleiner Brief ermöglicht einen Blick in die Geschichte.

Bis 1938 veranstaltete die Gesellschaft der Musikfreunde pro Saison vier sogenannte „Gesellschafts-Concerte“, mitunter erweitert um zwei zusätzliche, „außerordentliche“ Konzerte. Diese Konzerte waren Veranstaltungen von Gesellschaftsmitgliedern für Gesellschaftsmitglieder, organisiert vom „Artistischen Director“ der Gesellschaft. Dieser künstlerische Leiter war ab 1900 Ferdinand Löwe. Löwe, zuerst Schüler, dann Lehrer am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, war unter Gustav Mahler Kapellmeister an der Wiener Hofoper und später Mitbegründer der Wiener Symphoniker. An Löwe richtet sich ein Brief, der kürzlich ersteigert werden konnte. Es ist ein Dankschreiben von Antonín Dvořák. Der Komponist bedankt sich, dass Löwe plane, sein Requiem op. 89 aufzuführen. – Das umjubelte Konzert (die Wiener Erstaufführung) fand dann tatsächlich einige Monate später als Gesellschaftskonzert am 2. März 1901 im Großen Musikvereinssaal statt. Auch dieser Brief war bislang unbekannt und belegt den freundschaftlichen Kontakt zwischen dem bekannten Komponisten und der Gesellschaft der Musikfreunde.

© Sammlungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Auf dem Autographenmarkt vielfach zu finden – und wissenschaftlich häufig uninteressant – sind Albumblätter. Ein Komponist oder Künstler gestaltet eine Seite für ein Erinnerungsalbum. Das kann ein Gedicht sein, ein kurzes Musikzitat, eine Widmung oder auch nur eine Unterschrift. Gerade im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert waren solche Alben weit verbreitet, und ebenso häufig findet man daher solche Blätter von manchen Komponisten. Ein Albumblatt „musste“ vor einigen Monaten angekauft werden. Es handelt sich um ein – bislang noch nicht identifiziertes – Notenzitat von Edvard Grieg. Der norwegische Komponist wurde 1895 Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Am 24. März 1896 gab er dann zu Gunsten des „Pensions-Institutes des Conservatoriums“ der Gesellschaft der Musikfreunde im Großen Musikvereinssaal ein Benefizkonzert. Auf dem Programm stand unter anderem die „Peer Gynt“-Suite.
Das Albumblatt trägt Datierung und Ortsangabe aus der Hand von Edvard Grieg: Wien, 24. 3. 1896. Das Albumblatt wurde ausgerechnet am Tag seines Wiener Konzerts im Musikverein geschrieben!

In diesem Zusammenhang sei ein altes Stück erwähnt, das sich seit mehr als hundert Jahren wohlbehalten, jedoch unbeachtet im Archiv befindet. Es handelt sich dabei um einen Brief des Dichters Henrik Ibsen, Autor des „Peer Gynt“. Der Brief richtet sich an Johannes Brahms. Brahms hatte vielfältige Kontakte mit Dichtern und Schriftstellern. Henrik Ibsen und Brahms lernten einander 1889 in Berlin kennen, 1891 kam es zu einem Treffen in Wien. Der Brief ist mit 1892 datiert und ein Empfehlungsschreiben für die junge norwegische Pianistin Hildur Andersen. Er befand sich in Brahms’ Nachlass und gelangte in den Besitz der Wiener Brahms-Gesellschaft, die den Brief vermutlich um 1917 der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien geschenkt hat.

Drei Briefe und ein Albumblatt. Brahms, Ibsen, Grieg, Dvořák, ein Dirigent, ein Hofbeamter, ein Klavierbauer: Unscheinbare Schriftstücke entpuppen sich als einzigartige Dokumente und liefern Mosaikstücke zur Wiener Musikgeschichte und zur Geschichte der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

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